Ist E-Mail-Marketing tot?
Schon oft wurde der E-Mail ein schleichender Tod prognostiziert, denn gerade im heutigen Social-Media-Zeitalter wirkt die E-Mail auf den ersten Blick antiquiert. Doch wie gefährdet ist sie als Marketinginstrument?
Nach dem wohlverdienten Urlaub zurück am Schreibtisch und schon geht es los: übervolle Postfächer, eine Flut an Spammails und schlimmstenfalls noch der Missbrauch des eigenen E-Mail-Kontos. Wohl jeder kennt eine dieser Situationen. Eigentlich alles Faktoren die darauf hindeuten könnten, dass sich die E-Mail als Kommunikationsform auf einem absteigenden Ast befindet. Aber steht es wirklich so schlimm um die E-Mail als Marketingform? Eine Erhebung des deutschen Statistikportals Statista widerlegt diesen Eindruck deutlich. Im Jahr 2017 wurden in Deutschland 771 Milliarden E-Mails (ohne Spam-Mails) verschickt, 2018 waren es rund 850 Milliarden, die Tendenz ist seit jeher steigend. Wo liegt nun die Wahrheit?
Wandlungsfähiges Medium
Es mag sein, dass die E-Mail im privaten Bereich durch Messenger-Dienste wie Whatsapp und den sozialen Netzwerken starke Konkurrenz erhalten hat, aus Marketingsicht liegt sie allerdings noch lange nicht auf dem Sterbebett. Der große Vorteil des Mediums E-Mail ist seine Wandelbarkeit. Seit gut 30 Jahren stellt sie bereits ihren kommerziellen Nutzen unter Beweis und hat sich von Entwicklungen, wie der Spam-Flut um die Jahrtausendwende oder der mobilen Revolution Anfang der 2010er Jahre immer wieder erholt. Heute werden weltweit jeden Tag knapp 200 Milliarden E-Mails versendet, rund ¾ davon sind Werbemails. Diese erstaunlich hohe Zahl hängt damit zusammen, dass die E-Mail nach wie vor als eine der effizientesten Werbemittel im Online-Marketing-Mix gilt. Durch die direkte Kundenansprache und mit den heutigen technischen Möglichkeiten einer personalisierten Ansprache und zielgruppenspezifischer grafischer Gestaltung der Inhalte kann mittels Mailingkampagnen ein effizienter Dialog zwischen Unternehmen und Kunden aufgebaut werden. Die E-Mail gilt nicht zuletzt durch die Möglichkeit von Reaktionsaufforderungen (Kliks auf Links) als das beste Mittel zur Leadgenerierung.
E-Mail-Marketing Vs. Social Media Marketing
Im Unterschied zu sozialen Netzwerken bedienen Newsletter komplett unterschiedliche Zwecke. In der persönlichen Eins-zu-Eins-Kommunikation liegt der Newsletter vorne, denn der Posteingang ist ein Raum für das Private. In sozialen Netzwerken ist der Nutzer mittlerweile mit einer Vielzahl von Nachrichten konfrontiert, aus denen die relevanten erst herausgefiltert werden müssen. Ob eine Werbebotschaft den Nutzer überhaupt erreicht, ist bedingt durch die sich ständig ändernden Algorithmen der Sozialen Netzwerke nur schwer vorherzusagen.
Social-Media-Marketing ist also nicht als Nachfolger des E-Mail-Marketings zu verstehen, sondern als eine Ergänzung im Online-Marketing-Mix.
E-Mail-Marketing kann gerade auch für kleinere Unternehmen ein sehr effektives Marketinginstrument sein, da eine spezifische Zielgruppe genau erreicht werden kann. Der wohl wichtigste Aspekt ist, dass einem die aufgebauten Kontakte selbst gehören. Social Media Plattformen wie Facebook oder Instagram könnten theoretisch von heute auf morgen von der Bildfläche verschwinden, da sie z.B. von einer anderen Plattformen abgelöst werden könnten. Somit wäre die über Jahre aufgebaute Fanbasis verloren. Die Newsletter-Abonnenten bleiben im Gegensatz dazu im eigenen Besitz.
Die richtige Strategie fürs E-Mail-Marketing
Es gibt einige Grundsätze, die bei der Ausarbeitung der Strategie berücksichtigt werden sollen. Der wichtigste Faktor sind natürlich gute Inhalte, sprich einen Mehrwert für den Nutzer. Damit lassen sich Leser binden und man gewinnt nach und nach Ihr Vertrauen und wird schließlich als Experte für das jeweilige Thema wahrgenommen. Damit wird Platz und Raum geschaffen, um in einem zweiten Schritt auch etwas zu verkaufen. Gerade dieses Vertrauen lässt sich über E-Mail-Marketing hervorragend aufbauen, denn die Leser haben sich aktiv z.B. für einen Newsletter angemeldet – sie wollen mit dem Unternehmen in Verbindung bleiben. Ein weiterer Punkt zu berücksichtigen ist die Automatisierung. Ein bekannter Einsatz von automatisierten E-Mails sind die sogenannten Transaction-E-Mails, die bei der Kommunikation von Geschäftsvorgängen als Brücke zwischen Unternehmen und deren Kunden dienen. Bei einer Bestellung in einem Online-Shop zum Beispiel werden zu verschiedenen Zeitpunkten automatische E-Mails generiert, damit der Kunde den Bestell- und Lieferprozess in Echtzeit miterleben kann. Diese Mails sind ein wichtiger Begleiter im Onlinehandel, denn sie schaffen Vertrauen zu einer meist nur virtuell erlebbaren Unternehmung und stärken damit auch dessen Seriosität.
Bevor man mit E-Mail-Marketing startet, sollte auch der Anbieter mit Sorgfalt ausgewählt werden. Je nachdem welche Zielsetzung vorliegt und welches Adressenvolumen gehandelt werden soll, gibt es verschiedene Anbieter, die für geringe Sendevolumen sogar kostenlos sind. Für mehr Kontakte sollte man aber auch bereit sein mehr zu bezahlen, denn ab einem gewissen Adressenumfang wird die Möglichkeit der Segmentierung der Adressen in verschiedenen Unterzielgruppen immer interessanter.
Rechtliche Aspekte in Zeiten der neuen DSGVO
Damit überhaupt E-Mail-Marketing betrieben werden kann, gilt es die relevanten rechtlichen Grundlagen dafür zu kennen. Besonders seit dem Inkrafttreten der neuen DSGVO ist der Fokus auf eine rechtlich einwandfreie Adressengenerierung zu legen. Es gilt insbesondere zu beachten, dass der Kunde sein ausdrückliches Einverständnis für den Versand von Newslettern geben muss. Dies wird am sichersten mittels der Methode Double-Opt-In erreicht. Dabei erhält der Kunde nach der Registrierung eine E-Mail mit der Nachfrage, ob er sich wirklich für den Newsletter registrieren möchte. Erst wenn er dies bestätigt, wird er in den Verteiler aufgenommen. Dadurch wird ein Missbrauch durch willkürliche Anmeldungen in fremdem Namen vorgebeugt.
Die Zukunft des E-Mail-Marketings
Durch neue Technologien eröffnen sich stetig neue Möglichkeiten für das E-Mail-Marketing. So ist bereits jetzt ein verstärkter Trend zu interaktiven E-Mails festzustellen. Newsletter übernehmen immer mehr Funktionen aus Landing-Pages. Slider, Bilderkarussells und Navigationselemente lassen die Hemmschwelle zur Kontaktaufnahme sinken und die Conversion-Rate steigen. Auch durch die Einbindung von Videos in Newslettern lassen sich Inhalte einfach und schnell dem Nutzer vermitteln. In Zukunft wird sich der Tonfall in E-Mails auf eine immer persönlichere Ansprache ändern. Dem potenziellen Kunden wird auf Augenhöhe begegnet, um eine starke Verbindung mit ihm aufzubauen. Auch die Länge der E-Mails wird sich in Zukunft weiter reduzieren; schon heute gelten 125 Wörter als Maximum. Bei aufwändigeren Newsletter-Systemen werden immer mehr Inhalte aus verschiedenen Quellen bezogen und abhängig von Faktoren wie Standort, Gerät, Wetter usw. im Moment des Öffnens der E-Mail ausgegeben. Auch ist es denkbar, dass in Zukunft Chatbots (Chat mit einem technischen System) den Versand von Werbemails aktivieren können, wenn in einer Chat-Sitzung bestimmte Trigger ausgelöst werden.
Dass uns die E-Mail als Marketinginstrument mit all ihren Möglichkeiten noch lange erhalten bleibt, liegt auf der Hand und wohl selten war das Sprichwort treffender: Totgesagte leben länger!
Anmerkung des Autors: Dieser Artikel wurde im September 2018 für das Fokus-Thema „Werbung“ in der Südtiroler Wirtschaftszeitung geschrieben und veröffentlicht. Da er seitdem nichts an Aktualität verloren hat, haben wir ihn in unserem Blog aufgenommen.
Martin Viehweider
"Die wahre Stärke in der Beratung liegt darin, dem Kunden zuzuhören, zu verstehen und Lösungen zu erarbeiten, die aus allen Voraussetzungen das optimale Ergebnis erbringen."
Geschäftsführender Gesellschafter | Beratung | Marketing | Konzeption | Text | Projektmanagement
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